Nach 2 Wochen erholsamer WoMo-Tour durch den „wilden Westen“ der USA kommt nun der Bericht zu einem Chaostag, den ich so noch nicht erlebt habe und hoffentlich auch nie mehr erleben werde.
Die Vorbereitung:
Nach der langen Saison und vielen Verletzungen hieß es zum Saisonabschluss am 8.September nochmal Gas geben. Dass es keine Bestleistung geben würde, war klar, doch die letzten Trainingswochen liefen super und so stieg ich voller Zuversicht in den Flieger nach Las Vegas. Untergekommen bin ich in „Sams Town Hotel and Casino“ am Rande von Las Vegas. Etwas ruhiger wie am „Strip“ und doch verkehrsgünstig gelegen.
Das Wetter in der Vorwettkampfwoche war wie erwartet heiß. Das Thermometer kletterte in der Wüste auf knapp 50° C. Dennoch liefen die kleineren Trainingseinheiten gut und ich kam mit der Hitze super zurecht. Bereits am Donnerstag hatte ich alles Organisatorische erledigt und langsam zog die Nervosität auf.
Der Wettervorhersage für den Wettkampftag wollte ich zuerst nicht glauben. Regen? In der Wüste? Gibt es das? Doch als ich am Samstag dann mein Rad eincheckte, stand die Wechselzone schon unter Wasser. Es hatte in der Woche zwar immer wieder geregnet, jedoch immer nur am späten Nachmittag.
Der Wettkampf:
Am Sonntagmorgen klingelte dann der Wecker um 3:30 Uhr. Ich schaute aus dem Fenster und musste feststellen, dass es aus Kübeln schüttete. „Na gut“, dachte ich mir, „ meine besten Rennen fanden alle bei Regenwetter statt und bis zum Start wird sich das Wetter auch bessern“. Falsch gedacht! Bei starkem Regen und Temperaturen von nur 23° C wollte so keine richtige Wettkampfstimmung aufkommen. Um kurz vor 7:30 Uhr stand ich dann fröstelnd in der Warteschlange für den Start. Das Wasser war mit immerhin 27°C (Neoverbot) im Vergleich zu den Außentemperaturen schön warm.
Doch jetzt ging es erst richtig los. Auf den ersten Metern ist mir gleich einmal die Kette runter und verklemmte sich. Absteigen, und mit etwas Gewalt die Kette wieder aufs Blatt und weiter. Und dann: „Irgendwie geht das heute aber verdammt schwer??“ Kurz nachgeschaut – Bremse zu, verklemmt, blockiert – keine Ahnung! Richten konnte ich das aber in dem Getümmel von Rädern, die am Berg an mir vorbeifuhren nicht. Also wieder aufs Rad und weiter bis es etwas ruhiger wurde, vielleicht gibt es sich ja von selbst. Nach 5 km stand ich wieder und versuchte die Bremse gerade zu bekommen, doch das sollte nicht klappen. Doch etwas frustriert spielte ich mit dem Gedanken aufzugeben. Meine Motivation war in dem Chaos gegen null gesunken.
Nach 30 km kam mir dann der entscheidende Gedanke, die Bremse einfach auszuhängen, damit war das Problem behoben! (darauf hätte ich auch früher kommen können). Erstaunlich wie leicht das Rad nun plötzlich lief, toll! Auf dem welligen Kurs mit knapp 900 Höhenmetern war bremsen auch nur selten notwendig. Langsam stieg der Schnitt und den Gedanken auszusteigen ließ ich fallen: Es konnte ja nur besser werden. Die Aufholjagd begann und trotz aller Probleme konnte ich mich auf Platz 40 AK vorarbeiten.
Kurz vor dem Wechsel zum Lauf zeigte sich die Sonne und es wurde heiß und schwül mit Temperaturen von 38°C. Da die Laufstrecke mitunter der schwerste Teil des Wettkampfs war, ließ ich die erste Runde verhalten angehen (2 Meilen bergauf, dann 2 Meilen bergab und das ganze drei mal).
Meinen Plan, eine gute Platzierung zu erreichen, hatte ich schon beinahe aufgegeben, als mir mein Vater zurief, dass ich unter den ersten 10 der Altersklasse wäre. Das gab noch einmal Motivation, insgeheim wissend, dass die Platzierung doch deutlich schlechter sein muss. Noch ein paar Schluck Cola gegen den rebellierenden Magen und ich konnte noch ein wenig das Tempo anziehen. So lief ich die letzte Hälfte schneller und sammelte einen nach dem anderen meiner Altersklasse ein: „Da war es, das Hoch!“ (wenn auch reichlich spät). Noch auf den letzten Metern konnte ich mir den 20. Platz sichern.
Die Nachbetrachtung:
Die Leistungsdichte der Athleten war am Schluss doch extrem hoch. Letztlich fehlten nur 5 Minuten zu einer Platzierung in der Top 10. Das wäre durchaus im Bereich des Möglichen gelegen – ohne Defekt. Hätte, wäre, wenn – alles in allem bin ich froh, dass ich es dennoch zu Ende gebracht habe, auch wenn das Rennen erst in der 2. Laufrunde für mich begonnen hatte. Eine Lehre allemal: Einfach aufgeben, weil es nicht ganz nach Plan läuft: is‘ nich!
In Sachen Organisation ist man natürlich in Europa verwöhnt. An den amerikanischen Stil muss ich mich erst noch gewöhnen. Lange Wege zwischen den Wechselzonen, keine Kampfrichter, die etwas gegen das Drafting auf der Radstrecke unternommen hätten und durch die umgekehrte Reihenfolge der Wellenstarts (langsame AKs zuerst) war auch Chaos auf der Radstrecke vorprogrammiert. Bei der Opening- und Award-Ceremony haben sich die Veranstalter immerhin etwas einfallen lassen und eine gute Show präsentiert. Somit war es doch noch ein super Abschluss.
Ergebnis:
Swim: 31:37 Bike: 2:28:40 Run: 1:26:51 Overall: 4:32:37
20. Ak (25-29), 111. Gesamt
4. deutscher Ak (25-29), 9. deutscher Agegrouper (Gesamt)
Jetzt kommt erst einmal eine Zeit Off-Season und nächstes Jahr wird garantiert alles besser: keine Pannen, keine verklemmte Ketten, keine Verletzungen!
http://tri-mag.de/aktuell/langstrecke/las-vegas-die-schnellsten-deutschen-agegrouper-47951