Der IRONMAN Hawaii 2015 ist Geschichte. Wie bei allen Langdistanz Rennen kann an so einem sehr langen Tag immer viel passieren, Höhen und Tiefen liegen sehr nahe beieinander, das Entscheidende ist, was man daraus macht.
Doch der Reihe nach:
Die letzten Wochen vergingen wie im Flug und der Abflugtermin rückte immer näher. In den Tagen vor meiner Abreise nach Hawaii plagte ich mich noch mit einer Sehnenscheidenentzündung am Handgelenk rum, was vor allem zu Lasten des Schwimm-Trainings ging. Doch schließlich bin ich am 1.10. auf Hawaii angekommen, mein Support Team flog dann nach und nach aus Malaysia (Bruder) und Kanada (Eltern) ein (:-)). Zusammen wohnen wir jetzt ab vom Trubel in einem netten Cottage auf 800 m NN. Perfekt um sich nach einer heißen Trainingseinheit abzukühlen und zu entspannen.
Für mich standen in den letzten Tagen vor dem Wettkampf ein paar Schwimmeinheiten im Meer, Rad- und Laufeinheiten sowie der ein oder andere Stopp am Strand mit Sonnenuntergang auf dem Programm. In den ersten Tagen war es noch recht ruhig in Kona auch am Pier beim Schwimmen, doch ab Montag wurde es zunehmend voller. Und es kam auch langsam Atmosphäre auf. Den Underpantsrun am Donnerstag habe ich als Zuschauer verfolgt was definitiv die bessere und lustigere Entscheidung war, danach gab es noch einen Kaffee im Lava Java. Alles in Allem eigentlich ganz einfach. Aber: neben platten Reifen, kaputten Schaltgriffen und meinem doch nicht zugelassenen Swimsuit, kam das ein oder andere Problem in der Rennwoche dazwischen, was zu Aufregung, viel unnötiger Zeit in der Stadt und nicht geplanten Ausgaben führte. Triathlon ist eben ein kostenintensiver SportL. Letztendlich habe ich alles regeln können und war guter Dinge, dass ich mit den neuen Reifen, Schaltung und Swimsuit ohne Defekt durch den Tag komme.
Raceday
Um 4:45 in der Früh hieß es anstehen zum Bodymarking. Die Anspannung und Vorfreude aller war deutlich zu spüren. Wirklich eine ganz außergewöhnliche Atmosphäre! Für die männlichen Agegrouper ging der Tag um 6.55h los. Starker Wellengang und eine heftige Prügelei auf der ersten Hälfte der Schwimmstrecke machte das Schwimmen nicht gerade einfach (Ich bin sehr froh dass ich alle Zähne noch hab, und kein blaues Auge🙂). An der Wende war ich nach 27:30min, perfekt dachte ich da komme ich circa auf eine Stunde Schwimmzeit; Top. Somit bin ich Richtung Pier in einer Gruppe recht entspannt zurückgeschwommen. Auch wenn sich das Schwimmen nicht wirklich schnell angefühlt hat, bin ich nach etwas unter 1h aus dem Pazifik gestiegen.
Der Wechsel war problemlos und die ersten km auf dem Rad gingen schnell rum. Nach 20 min ging es raus auf den Queen K Highway und in die Lavafelder. Auf den ersten km gab es kaum Wind und ich bin sehr fix in meinen Rhythmus hineingekommen. Die Wattvorgaben konnte ich trotz vieler Überholmanöver gut einhalten (ich wollte mich aus potentiellen Windschattenproblematiken und Gruppen raushalten). Auf dem Weg Richtung Hawi wurde es mit der Zeit merklich wärmer, also hieß es immer schön kühlen. Und dann passierte das, was eigentlich nie nie niemals passieren darf. Bei Km 75 rollte eine Flasche in der Verpflegungstation über die Straße und einen Wimpernschlag später lag ich auch schon auf der Straße; von 58 km/h auf 0. Ich weiß nicht was mir alles durch den Kopf ging in diesen Minuten, da gerade mal 11 Monate nach meinem Oberschenkelanbruch vergangen sind. Kleiner Selfcheck und Gehversuche, dann noch kurz das Fahrrad angeschaut, das zum Glück noch einigermaßen heile aussah! Also Kette wieder drauf und weiter. Nochmal alles überprüfen. Zwischenbilanz: Schaltung verbogen, der ganze rechte Arm offen, Hose kaputt und schmerzende Hüfte. Dennoch konnte ich einigermaßen druckvoll weiterfahren. In der Hoffnung, dass die Schaltung hält und ich mit den noch schaltbaren Gängen über den Kurs komme wollte ich wenigstens die 180 km noch zu Ende bringen. Immer den Gedanken im Hinterkopf, dass dann eventuell das Rennen für mich vorbei sein könnte (eine sehr unangenehme Situation). Ein wenig Abkühlung und Regendusche in Hawi, ging es wieder zurück Richtung Kona. Bei km 140 kam Gegenwind auf und es wurde spürbar heißer. Die letzten 20 km waren dann noch einmal hart und ich bin nach 5:01h in die Wechselzone gerollt. Jetzt hieß es hoffen!
Als ich vom Rad stieg fühlten sich meine Beine sehr komisch an und ich ließ mir ein wenig mehr Zeit in der Wechselzone um sicher zu gehen, dass ein Versuch, den Marathon anzugehen überhaupt sinnvoll ist. „netter Weise“ schmierte mir ein Helfer noch Sonnencreme über meine offenen Wunden und wunderte sich, als ich aufschrie 🙂. Ich entschloss mich die Schuhe anzuziehen und es zu versuchen (schließlich hatte ich 2013 beim Ironman Frankfurt den Marathon nach dem Radunfall auch gepackt). Die ersten km gingen auch noch gut, doch dann fing die Misere an. Langsam kamen Blasen am linken Fuß, keine Ahnung warum jedenfalls sind mir auf den ersten 15 km 3 Blasen geplatzt. Die Hüfte schmerzte von Anfang an, wobei das Gehen noch schlimmer war als ein Joggingtempo mit Ruhepuls von 100 🙂. Angesichts der sehr heißen Bedingungen ging ich an jeder Verpflegungsstation um mich mit Eis, Wasser und Cola zu versorgen. Das Anlaufen nach den Gehpausen war besonders schmerzhaft, doch Kühlung war bei den Temperaturen das A und O. Auf den ersten km entlang des Ali‘i Drive ist die Luft regelrecht gestanden. Den ersten längeren Spaziergang musste ich die Palini Road hoch einlegen. Ich hatte durch die Verletzung einfach keine Kraft im Oberschenkel um jegliche Steigungen zu joggen. Auf dem Queen K Highway Richtung Energy Lab konnte ich wieder einigermaßen laufen. Mit regelmäßigen Gehstopps an den Aidstations. hangelte ich mich von Meile zu Meile. Die Zeit ging erstaunlich schnell rum und die Temperatur machte mir auch wenig zu schaffen. Schließlich ging es Richtung Energy Lab. Die Straße hatte eine Steigung, die meiner Hüfte gar nicht gefiel so musste ich hier hinunter und hinauf gehen und auch meine Schmerztoleranz sank nun gegen Null. Wieder zurück auf dem Highway packte mich doch noch einmal der Ehrgeiz und ich setzte mir das Ziel bis zur Finishline nicht mehr zu gehen. Schlussendlich lief ich humpelnd über den letzten Hügel, dann die Palani hinunter und den Ali Drive zur Finishline. Nach 4:24h für den Marathon und einer Gesamtzeit von 10:32h kam ich noch vor Sonnenuntergang an 🙂.
Ich hab definitiv noch eine Rechnung mit diesem Rennen hier offen! Ich hab mich super gefühlt und es ist auch richtig Energie da gewesen, leider eben mit angezogener Handbremse. Ich hatte ganz klar andere Vorstellungen von der Endzeit und Platzierung. Außerdem hatte ich das erste Mal wieder bei einem Triathlon das Gefühl, dass das Rennen fair abgelaufen ist und auch die Kampfrichter einmal durchgegriffen haben.
Ich muss mich auch ganz herzlich bei meinen Eltern und meinem Bruder bedanken die mich an der Strecke tatkräftig unterstützt haben. Auch will ich mich bei allen bedanken die mir die Daumen gedrückt und das Rennen mitverfolgt haben. Danke, auch an Mario (SISU-Training) der mir die letzten Monate das abwechslungsreiche Training geplant und neue Trainingsreize gesetzt hat. Leider konnte ich vor allem beim Marathon das nicht zeigen, was vermutlich die stärkste Disziplin gewesen wäre. Für mich war es vor allem ein sehr hartes Rennen für den Kopf.
Nun sind einige Tage seit dem Ironman vergangen, der Abflug steht kurz bevor. Ich kann wieder einigermaßen gehen, Blasen und Schwellungen sind ein wenig zurückgegangen und die Schürfwunden heilen Dank des Salzwassers auch ganz gut.
ALOHA!